Konferenz zur Zukunft Europas: Keine Zukunft(skonferenz) ohne Konvent

Die Konferenz zur Zukunft Europas (Conference on the Future of Europe = CoFoE) steht vor der Tür! Nach knapp einem Jahr Verzögerung, bedingt durch den Ausbruch der Corona-Pandemie, soll es nun endlich losgehen.

Wir als JEF Niedersachsen haben nicht nur Wünsche und Träume, sondern auch ganz konkrete Forderungen, damit diese Konferenz nachhaltige und zukunftsweisende Ergebnisse für eine gemeinsame und neue europäische Zeit präsentieren kann.

CoFoE – was soll das sein? 

Was aber ist die Konferenz zur Zukunft Europas? Kurz gesagt ist die Konferenz zur Zukunft Europas als großes Forum ab dem 09. Mai angelegt, in dem die Bürger*innen der einzelnen Mitgliedstaaten ihre Meinungen, Wünsche und Ziele bezüglich der Europäischen Union und ihrer Zukunft, den verschiedenen Institutionen mitteilen sollen. Mehr Bürgerbeteiligung also, so zumindest in der Theorie. 

Hier beginnt auch schon unsere Kritik. Wir begrüßen zwar, dass die Mitgliedstaaten endlich eine gemeinsame Erklärung unterzeichnen konnten, bemängeln aber gleichzeitig, dass diese Erklärung wenig von dem beinhaltet, was wir uns erhofft hätten. So wurde zum Beispiel der geplante Zeitraum, beziehungsweise die Dauer der Konferenz verringert. Auch wenn es Sinn gemacht hat, die Konferenz aufgrund der Pandemie zu verschieben, wurde das ursprüngliche Ende jedoch nicht verlängert, so dass der Zeitraum der Konferenz wesentlich kürzer ausfällt als aus unserer Sicht nötig wäre. Auch wurde kein konkretes Ziel festgelegt, es ist demnach unklar, ob Ergebnisse der Konferenz bindend sein werden.

Die CoFoE findet unter anderem über eine mehrsprachige Online-Plattform statt, die kürzlich gelaunched wurde (mehr dazu unten). Wir begrüßen diese digitale Möglichkeit, da sie eine gute Alternative während der Corona-Pandemie aber auch darüber hinaus darstellt. Gleichzeitig erkennen wir, dass eine Konferenz, gerade in der Form, wie die Erklärung vermuten lässt, nicht ausreichen wird. Statt eine Konferenz abzuhalten, in welcher über die Zukunft Europas lediglich diskutiert wird, fordern wir einen Konvent. Eine Form der (digitalen) Versammlung also, in welcher tatsächliche und vor allem bindende Entscheidungen getroffen werden können. Wir als Zivilgesellschaft müssen diese Chance der CoFoE ergreifen und Druck ausüben, um sie zu mehr machen als aktuell vorgesehen ist, nämlich ein Konvent, der die notwendigen Reformen und Maßnahmen für unser Europa von morgen anstößt. Mittels der ohnehin geplanten Einbeziehung von Expert*innen können objektive und realitätsbezogene Diskussionen geführt werden, ohne Visionen zu verhindern oder einzuschränken. 

Aktuelle Kompetenzen gehen nicht weit genug

In der gemeinsamen Erklärung des Rats, der Kommission und des Parlaments heißt es, dass die Meinungen, Ideen und vor allem Vorschläge der Bürger*innen der Union Beachtung finden und umgesetzt werden sollen, dies aber ausnahmslos im Rahmen der bestehenden Institutionen und ihrer Kompetenzen. Weitreichende (und aus unserer Sicht auch notwendige) Reformen sind also eher nicht zu erwarten. Sie können zwar geäußert und gefordert, nicht aber zwangsläufig umgesetzt werden. Gleiches gilt für Vertragsänderungen und sogar die Schaffung einer europäischen Verfassung – beides seit jeher originäre JEF-Forderungen. 

Die Lösung von Problemen in der EU, welche nicht erst seit der Pandemie existieren, erfordert die Bereitschaft und den Willen der Institutionen und der Mitgliedstaaten, Kompetenzen der EU auszuweiten, um europäische Lösungen für europäische Probleme nicht nur finden, sondern auch umsetzen zu können!

Herausforderungen und wieso wir sie nicht angehen

Es ist längst überfällig, dass wir eine humane Asyl- und Migrationspolitik schaffen, dass wir uns entschieden autoritären und illiberalenTendenzen in der EU entgegenstellen, die Klimakrise konsequent und sozial-verträglich bekämpfen, uns gemeinsam den Herausforderungen und Veränderungen der Digitalisierung widmen und soziale Ungleichheiten beseitigen. Es hat sich mehrfach gezeigt, dass die EU in ihrer aktuellen Form diesen Probleme nicht gewachsen ist, ja sie aufgrund der aktuellen Verträge und Bestimmungen überhaupt nicht effektiv bekämpfen kann!  Das Einstimmigkeitsprinzip der EU blockiert oftmals notwendige Reformen und hat uns ein ums andere Mal handlungsunfähig gemacht. Die Welt bleibt aber nicht stehen, nur weil wir nicht weitergehen.

Die Mitgliedstaaten, die Kommission und der Rat müssen den Weg für Vertragsänderungen frei machen! Der Status quo bringt uns nicht weiter, er hält uns auf!

Ein europäischer Austausch

Natürlich begrüßen wir die Möglichkeit, dass sich die Bürger*innen der EU mit den Menschen der anderen Mitgliedstaaten zusammenzufinden und mit ihnen diskutieren zu können, keine Frage! Dieses Projekt darf aber nicht darin enden, dass die Menschen der EU Konzepte, Ideen und Vorschläge erarbeiten, diese jedoch nur gehört und sich ihrer nicht angenommen wird. Die Ergebnisse der Konferenz zur Zukunft Europas müssen sich in der Arbeit der EU widerspiegeln, es darf nicht bloß zugehört werden – wir müssen handeln! Auch darf es nicht geschehen, dass die Bürgerinnen und Bürger der EU nur zuhören können, statt selber gehört zu werden.

Während Vorträge und Podiumsdiskussionen den eigenen Horizont erweitern können, müssen sich die Nationalstaaten und die Institutionen der EU ebenfalls darauf einlassen, zuzuhören, zu lernen und ihren Auftrag als Vertreter der Bürger*innen zu erfüllen.

Es ist von enormer Wichtigkeit, dass die Ergebnisse der Konferenz wahrgenommen und umgesetzt werden, damit die Menschen nicht erneut von der EU und ihrer Arbeit enttäuscht werden beziehungsweise das Vertrauen in die EU verlieren , wie es seinerzeit beim Spitzenkandidat*innenprinzip geschehen ist. 

Wir freuen uns daher über die Absicht, dass eine sogenannte “Feedback-Schleife” geschaffen werden soll, welche den Bürger*innen der Union die Arbeit und Ansichten der Institutionen hinsichtlich ihrer Ergebnisse und Forderungen der Konferenz widerspiegeln und laufend über den aktuellen Stand informieren!

Die Demokratie lebt vom Austausch und der Diskussion. Damit es weiterhin fruchtbaren Boden für dieses Fundament der Demokratie gibt, müssen sich alle Beteiligten gegenseitig ernst nehmen und sich zusammentun. Niemand darf ignoriert werden, jeder muss zu Wort kommen dürfen – gleichzeitig müssen alle die Ergebnisse anerkennen! 

Unsere Punkte in Kurzform:

  • wir begrüßen die Konferenz zur Zukunft Europas und freuen uns über diese Möglichkeit des Austausches und der Meinungsbildung
  • wir fordern Verbindlichkeit hinsichtlich der Einbeziehung der Ergebnisse der Konferenz in die tatsächliche Arbeit der Europäischen Union
  • wir fordern die Verpflichtung und Bereitschaft der Institutionen und Mitgliedstaaten, Reformen, Vertragsveränderungen und der Schaffung einer europäischen Verfassung nicht im Wege zu stehen oder sie zu blockieren, sondern diese zu ermöglichen
  • es müssen alle Bürger*innen der EU die Möglichkeit haben, sich zu beteiligen und Gehör zu finden – die Konferenz zur Zukunft Europas darf keine elitäre Veranstaltung werden, sondern muss alle Menschen mit verschiedenen Lebensrealitäten einbeziehen
  • wir drücken unsere Besorgnis hinsichtlich der zeitlich verkürzten Konferenz aus und fordern eine Verlängerung dieser, um fundiertere Ergebnisse ermöglichen zu können 
  • wir fordern alle Bürgerinnen und Bürger der Union dazu auf, sich an der CoFoE zu beteiligen und ihre Meinungen und Ideen einzubringen! Wir erkennen, dass diese Konferenz große Chancen bietet, welche wir zu nutzen haben. Bevölkerungsbeteiligung ohne Bevölkerung ist fruchtlos.

Beim letzten Bundesausschuss wurde zudem ein Beschluss gefasst, der die Forderung eines Konvents nochmal verdeutlicht! Wenn ihr mehr über das Thema und die Meinungen und Forderungen der JEF wissen wollt, könnt ihr hier den Beschluss der JEF Deutschland nachlesen: https://www.jef.de/dokumente/die-konferenz-zur-zukunft-europas-darf-keine-zuhoer-uebung-werden/ 

Die Online Plattform ist gelaunched und ihr könnt euch einbringen. Macht euch einen Account und bringt euch ein. Hier entlang!

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