Pressemitteilung zur Bundestagswahl 2025

Am 23. Februar wird die nächste Bundestagswahl stattfinden. Eine richtungsweisende Wahl, nicht nur für Deutschland, sondern auch für Europa – die neue Bundesregierung wird vor großen innenpolitischen Problemen, sowie außen- und sicherheitspolitischen Bedrohungen stehen. Wir sehen mit Besorgnis, dass diese existentiellen Bedrohungen unserer Freiheit und Sicherheit immer noch von vielen Menschen nicht ausreichend ernst genommen werden.

Nur einen Tag nach der Bundestagswahl, am 24. Februar, wird sich der russische Überfall auf die Ukraine bereits zum dritten Mal jähren. Seitdem dauert Russlands Angriffskrieg an, der unzählige ukrainische Soldat:innen bei der Verteidigung ihrer Freiheit das Leben kostet. Ukrainische Zivilist:innen werden zur Flucht gezwungen und fallen gezielten Angriffen sowie brutalen Kriegsverbrechen der russischen Streitkräfte zum Opfer.
 

In den Staaten West- und Mitteleuropas erschütterte Russlands Überfall auf die Ukraine zunächst lang geglaubte Gewissheiten. Eine Periode des Friedens und des Wohlstands in Europa sowie eine Zeit der politischen Annäherung mit Russland schien zu Ende zu gehen. Die deutsche Bundesregierung sprach von einer Zeitenwende in der Geschichte unseres Kontinents. Dabei war die Zeit des Friedens in Europa schon zu diesem Zeitpunkt eine westeuropäische Illusion und die russischen Aggressionen keine neuere Entwicklung. Schon 2008 griffen russische Truppen Georgien an und annektierten 2014 die Krim. Bereits hier hatte die Europäische Union versäumt, angemessen auf Russlands Angriffe zu reagieren. Stattdessen wurde in vielen Staaten darunter auch Deutschland verstärkt eine Abhängigkeit von russischem Gas geschaffen und auf eine Normalisierung der Beziehungen zu Russland gesetzt.

Spätestens mit dem Überfall auf die Ukraine im Februar 2022 hätte jedoch klar sein müssen, dass Russland unter Putin eine akute Bedrohung für Europa ist und die Unterstützung der Ukraine, wenn sie nicht bereits aufgrund europäischer Solidarität erfolgt, im eigenen sicherheitspolitischen Interesse liegt.

Doch nach der anfänglichen Erschütterung mehrten sich in Deutschland schnell wieder diejenigen Stimmen, die eine entschiedene Unterstützung der Ukraine ablehnten. Schon die Lieferung von 5.000 Helmen in den ersten Tagen des Krieges wurde in Deutschland heftig diskutiert, auch nachfolgenden Waffenlieferungen gingen monatelange Diskussionen voraus.

Im Bereich der militärischen Unterstützung der Ukraine ist ein geschlossenes Vorgehen der EU-Mitgliedstaaten ausgeblieben. So traten die baltischen und nordischen Staaten, aber auch Polen und andere osteuropäische Länder, für eine starke militärische Unterstützung der Ukraine ein und investierten gleichzeitig massiv in ihre eigenen militärischen Fähigkeiten, bedingt durch ihre geographische Nähe zu Russland und eigenen historischen Erfahrungen mit einer russischen Besatzung. Gleichzeitig wurde die Bedrohung Russlands für die eigene Sicherheit in den meisten Mittel-, West- und Südeuropäischen Ländern immer noch unterschätzt. Dabei hängt die Bedrohung durch Russland nicht nur von der Geographie ab: gezielte Desinformationskampagnen, die Zerstörung von Unterseekabeln, Cyberangriffe und Sabotage an Kriegsschiffen zeigen, dass auch wir in Deutschland längst Ziel russischer Aggressionen geworden sind. Der Zeitpunkt für ein koordiniertes Vorgehen, um die Sicherheit europäischer Staaten zu gewährleisten, wurde trotzdem abermals verpasst.

Zusätzlich sind die europäischen Staaten mit einer neuen Dimension der Unsicherheit konfrontiert, weil die USA als zuverlässiger Partner weggebrochen sind. Bereits wenige Wochen nach dem Amtsantritt der neuen Trump-Administration ist abzusehen, dass die USA eine wertebasierte Außenpolitik aufgegeben haben und der regelbasierten internationalen Ordnung nicht mehr folgen werden. Bezeichnend dafür ist die Aufnahme der ersten Verhandlungen zwischen den USA und Russland seit dem Überfall auf die Ukraine, bei denen Forderungen einer Wiederherstellung der Grenzen der Ukraine vor 2014 zurückgewiesen werden, was im Grunde eine Übergabe ukrainischer Territorien an Russland darstellen würde. Eine Integration der Ukraine in die NATO mit Kontrolle über das vollständige ukrainische Staatsgebiet rückt mit diesen Verhandlungen in weite Ferne.

Es rächt sich nun, dass sich die europäischen Staaten für ihre Sicherheitsgarantien zunehmend von den USA abhängig gemacht haben. Selbst wenn diese Garantien nicht vollständig weg-, sondern lediglich schwächer ausfallen sollten, muss sich Europa dennoch mit mehr Tatendrang für die eigene Sicherheit einsetzen. Zu lange wurde diese Aufgabe von den europäischen Staaten vernachlässigt, bis nun Anzeichen ihrer Schwäche deutlich geworden sind.
Noch mehr Anlass zur Sorge bietet die Rede des US-amerikanischen Vizepräsidenten JD Vance auf der Münchner Sicherheitskonferenz am vergangenen Wochenende, die Europa schockieren sollte und schockiert hat. In lediglich knapp zwanzig Minuten wurde mit dem transatlantischen Verhältnis geradezu gebrochen: nicht etwa Russland oder China seien eine Bedrohung für die europäischen Staaten, sondern ein angeblicher Verlust der Demokratie und Meinungsfreiheit in Europa selbst. Eine derart kritische, fast feindselige Wahrnehmung durch die amerikanische Führung bietet eine Menge Sprengstoff für Konflikte und stellt eine Gefahr für die Sicherheit der europäischen Staaten dar. Die Abkehr von der sicheren Allianz zwischen Europa und den USA kommt ebenfalls einer Zeitenwende gleich. 

Dabei tritt der Verlust amerikanischer Sicherheitsgarantien neben weitere drängende Herausforderungen unserer Zeit. Zu nennen sind hier vor allem der Klimawandel, das Erstarken rechtspopulistischer bis rechtsextremer Strömungen überall in Europa und deren immer engere Vernetzung untereinander. Diese Entwicklung hat sich bereits bei den Europawahlen im Juni 2024 in ungeahntem Ausmaß bemerkbar gemacht und auch seither nicht umgekehrt. Soziale Medien mit enormer Reichweite, wie TiKTok oder X, fördern mit ihren Algorithmen gezielt die Verbreitung rechtsextremer und sonstiger destabilisierender Inhalte und gewähren immer mehr Akteuren eine Plattform, demokratische Werte und Staaten in ganz Europa zu attackieren.

Angesichts dieser Vielzahl an Problemen, die wir allein auf nationaler Ebene nicht lösen können, sind mehr denn je europäische Lösungen notwendig. Es wird höchste Zeit für die Europäische Union, als starke und entschlossene Einheit aufzutreten, um den drängendsten Bedrohungen der heutigen Zeit entgegenwirken zu können. Ein starkes geeintes Europa kann dabei selbstbewusst auftreten. Gemeinsam haben wir in der Europäischen Union viel erreicht! Akteure, die ein Interesse daran haben, westliche Demokratien zu schwächen, versuchen daher gezielt, unsere Einheit zu schwächen. Ganz nach dem Motto “United we stand, divided we fall” dürfen wir es nicht dazu kommen lassen und müssen uns daher für eine starke Europäische Union einsetzen.

„Europa ist nicht stark ohne ein starkes Deutschland“ – diese Aussage der Präsidentin des Europäischen Parlaments zeigt die besondere Rolle, die Deutschland in der Europäischen Union zukommt. Wir sind der bevölkerungsreichste und wirtschaftlich stärkste Mitgliedstaat der Europäischen Union, die viertgrößte Volkswirtschaft der Welt – von uns geht eine enorme Signalwirkung für den Rest Europas aus. Diese Bedeutung geht dabei aber auch mit einer besonderen Verantwortung für Europa einher – einer Verantwortung, der wir in den letzten Jahren nicht gerecht geworden sind.

Aber auch in diesem Wahlkampf gerät diese Perspektive bei den meisten Parteien in Vergessenheit. Wenn europarechtliche Regelungen im Wahlkampf thematisiert werden, werden sie zumeist als „Hindernis“ für die nationale Politik charakterisiert. Das BSW fordert in seinem Wahlprogramm die Rückverlagerung von europäischen Kompetenzen auf die nationale Ebene; die europäische Unterstützung der Ukraine sieht die Partei als „nutzlos verschleudertes Steuergeld“. Die AfD geht in ihrer Ablehnung gegenüber Europa noch weiter und fordert gleich einen Austritt aus der Europäischen Union. Aber auch CDU und FDP waren im Parlament zusammen mit der AfD bereit, sich ausdrücklich über Europarecht hinwegzusetzen, indem sie sich für dauerhafte nationale Grenzkontrollen aussprachen und damit eine der wichtigsten Errungenschaften der EU zu schwächen. Die Ampelkoalition schlug diesen Kurs ebenfalls ein, indem temporäre Grenzkontrollen zunächst eingeführt und erst kürzlich verlängert wurden.

Auch die Vorreiterrolle, die Deutschland bei der Unterstützung der Ukraine sowie beim Ausbau einer europäischen Sicherheitsarchitektur einnehmen muss, wird von vielen Parteien im Bundestag teilweise immer noch verkannt. So ist beispielsweise die SPD nicht bereit, alle möglichen Maßnahmen für eine erfolgreiche Verteidigung der Ukraine zu treffen; auch Die Linke stellt sich gegen eine militärische Unterstützung der Ukraine und sieht dazu auch noch wirtschaftliche Sanktionen gegen Russland kritisch, wenn sie die russische Bevölkerung treffen.

Angesichts dieser politischen Lage sollten wir uns ins Gedächtnis rufen, wofür die EU steht. Die Europäische Union ist nicht nur eine Wirtschafts- und Währungsunion, der es allein darum geht, den eigenen Wohlstand zu sichern. Die Europäische Union ist auch eine Werteunion, die für Frieden, Freiheit und Rechtsstaatlichkeit eintritt. Diese Werte werden momentan angegriffen – sowohl von Innen als auch von Außen – aber sie sind es wert, verteidigt zu werden.

Wem ein freies Europa wichtig ist, der muss daher jetzt erstens im europäischen Kontext denken und handeln und darf sich nicht über das europäische Recht hinwegsetzen, um unsere Einheit innerhalb der EU nicht zu gefährden und muss sich zweitens eingestehen, dass die Freiheit Europas existentiell bedroht wird und bereit sein, diese auch zu verteidigen.

Wir bitten Sie und Euch daher: Denken Sie bei Ihrer Wahlentscheidung an Europa! Entscheiden Sie sich für ein freies und demokratisches Europa!

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