Rule-of-Law Zitat Jan Hörnschemeyer

Rule of Law und Frauenrechte in Polen

Schon Aristoteles schrieb über die Rechtsstaatlichkeit: „Die Herrschaft des Rechtes ist besser als die jedes Individuums“. Wir sehen dieser Tage erneut, dass einige Autokraten, auch innerhalb der EU, es mit dem Prinzip der Rechtsstaatlichkeit nicht ernst meinen.

Die Unabhängigkeit der Gerichte und die Einhaltung rechtsstaatlicher Prinzipien, beziehungsweise die unbedingte Gültigkeit des “Rule of Law” sind unveränderbare Pfeiler einer demokratischen und europäischen Union! Es gehört zur Rule of Law dazu, dass die Gewalten voneinander getrennt sind, dass Gesetze nicht gegen Menschenrechte verstoßen, die Bevölkerung in ihren Freiheiten beschneiden und dass diese Gesetze für alle Menschen in gleicher Art und Weise gelten.

Kein Mensch, keine Regierung und kein Oberhaupt darf unantastbar sein!

Als die PiS in Polen 2015 an die Macht kam, begann sie quasi unverzüglich damit, das Verfassungsgericht in eine Marionette umzuwandeln, wessen alleinige Aufgabe es zu sein scheint, dem Willen der Regierung zu folgen und ihren Menschenrechtsverletzungen eine scheinbare juristische Legitimation zu verleihen. Mit Gewaltenteilung und Rechtsstaatlichkeit hat das nichts mehr zu tun!

Der Marionettenstatus des Verfassungsgerichts lässt sich erneut, an der erst kürzlich verabschiedeten Gesetzesänderung hinsichtlich des Schwangerschaftsabbruchs, erkennen. Polen ist ein Land, welches seit jeher eines der striktesten “Abtreibungsgesetze” hat. Mit der vor einigen Tagen verabschiedeten Gesetzesänderung verschärft sich dieses Gesetz nun erneut massiv. Kurz erklärt: Die Änderung beinhaltet die absolute Kriminalisierung des Schwangerschaftsabbruchs. So dürfen aktuell nur noch Abtreibungen vorgenommen werden, wenn eine Frau vergewaltigt wurde oder ein Kind aus einer inzestösen Beziehung hervorgehen würde. Nicht einmal tote, todkranke oder massivst beeinträchtigte Kinder dürfen unter dem vermeintlichen Deckmantel des Schutzes des Lebens abgetrieben werden. Abtreibungen werden dadurch nicht verhindert, sondern lediglich gefährlich für Leib und Leben der Betroffenen. Das Leben und die Gesundheit der Frauen interessieren die polnische Regierung hierbei nicht im Geringsten. Soviel also zum “Schutz des Lebens” der Lebenden. Das Recht auf Selbstbestimmung der Frau und der Schutz der Unversehrtheit ihres Körpers und ihres Geistes wurde mit diesem Pseudo-Urteil ein schwerer Schlag versetzt. Auch wir als JEF Niedersachsen verurteilen diese Menschenrechtsverletzung aufs Äußerste!

Die erzkonservative polnische Regierung verstößt nicht nur mit der durchgeboxten Entscheidung massivst gegen rechtsstaatliche Prinzipien. Die Unabhängigkeit der Gerichte ist nicht gewährleistet, Menschenrechtsverletzungen werden durch ein Zusammenspiel aus Regierung und Gerichten quasi legitimiert, Hass und Hetze werden toleriert, ja sogar forciert (wie wir etwa an den LGBTQIA+-freien Zonen erkennen können) und vieles mehr liegt im Argen. Die Demokratie in Polen steht nicht nur unter enormen Druck, sie wird aktuell de facto abgeschafft! 

Nicht unerwähnt bleiben darf das gesellschaftliche Engagement der Zivilbevölkerung.  Auch wenn es Befürworter, namentlich die Pro-Life-Bewegung gibt, existiert ebenso ein breites Bündnis gegen die Verschärfung der Abtreibungsgesetze. Dieses Bündnis rief unter anderem zu einem Generalstreik auf und einige Akteure gehen auch gegen die Kirchen vor, welche als Befürworter der menschenrechtsverletzenden und erzkonservativen Bewegung gesehen werden. Auch unsere Schwesternorganisation, die JEF Warschau, hat sich, in Kooperation mit der JEB und der JEF Paris kritisch zu den aktuellen Entwicklungen und Verschärfungen in Polen ausgesprochen. Jüngsten Nachrichten zufolge, hat sich auch der amtierende Präsident Polens, Andrzej Duda, kritisch gegenüber der Verschärfung des Abtreibungsgesetzes geäußert. Es bleibt abzuwarten, was daraus resultieren wird.

“Democracy under Pressure” ist auch das Motto eines europaweiten Aktionstages der JEF, an welchem wir uns mit Verletzungen der Rechtsstaatlichkeit, der Menschenrechte und der Freiheiten verschiedenster Art auseinandersetzen. Zwar ist dieser jedes Jahr am 18. März, die Demokratie, wie in Polen, steht jedoch das gesamte Jahr unter Beschuss – lasst uns sie schützen und bewahren! Nicht nur hier, sondern auch bei unseren Nachbarn, der EU und weltweit.

Am 25.10. war zudem der European Day of Civil Justice. Eine Gerechtigkeit, die für viele Menschen weltweit aber auch in unserer Union nicht existent ist. Treten wir für sie ein, erheben wir für diese Menschen unsere Stimmen und tragen den Kampf für und den Willen nach Gerechtigkeit, nach Rechtsstaatlichkeit und nach Demokratie für diese Menschen fort!

Es bleibt abzuwarten, wie gegen die polnische Regierung und ihre Missachtung rechtsstaatlicher Prinzipien vorgegangen wird. Die Verletzung von Menschenrechten gehört ebenso verurteilt und angemessen bestraft. Es ist glasklar, dass Seitens der EU eine klare Kante gegen antidemokratische, inhumane und rückwärtsgewandte Politik gezeigt werden muss!

Die polnische Regierung darf nicht in dem Glauben gelassen werden, dass die Missachtung europäischer Werte ungesühnt bleibt!

Wir blicken mit Hoffnung auf die angekündigte Konferenz zur Zukunft Europas (CoFoE)! Auf dieser Konferenz muss das Thema zur Sprache gekommen! Hierbei gehören nicht nur Regierungen und staatliche Institutionen angehört, sondern ebenso zivilgesellschaftliche Vertreter*innen und die Bevölkerung der Union an sich! Die konsequente Einhaltung unserer Werte ist die Voraussetzung für eine humane und sichere Union! 

Missachtungen unserer Werte dürfen nicht weiter toleriert werden, hier müssen wir fest entschlossen und ohne Ausnahmen durchgreifen!

Weitere Informationen zum gemeinsamen Statement der JEF Polen, der JEB Berlin-Brandenburg sowie den Jeunes Européens findet ihr hier:

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