Am 09.04.2020 haben sich die Euro-Finanzminister in ihrem Treffen auf ein Hilfspaket in Höhe von mehr als 500 Milliarden Euro für Arbeitnehmer, Firmen und schlingernde Staaten geeinigt. Das ist zumindest ein Schritt in die richtige Richtung. Dennoch fordern wir, dass die Staats- und Regierungschefs beim kommenden Gipfeltreffen die richtigen Weichen für Wiederaufbau-Bonds stellen, da die Folgen der Krise auch langfristig abgefedert werden müssen. Das beschlossene Hilfspaket ist lediglich dafür ausreichend, das Schlimmste kurzfristig zu verhindern.
Die aktuelle Debatte um die sogenannten “Corona-Bonds” legte erneut offen, dass die innereuropäische Solidarität in Krisenzeiten keine Selbstverständlichkeit ist. Zwar sahen wir in den vergangenen Wochen immer wieder Meldungen über gegenseitige Unterstützung, jedoch begrenzte sich diese wie so oft auf nationalstaatlicher Ebene. In diesem Sinne bedarf es einer Kompetenzbündelung auf europäischer Ebene, um genau so eine grenzübergreifende sowie gegenseitige Unterstützung zu organisieren.
Die Einführung des ESM war ein Schritt in die richtige Richtung, jedoch ist die aktuelle Situation nicht mit der damaligen zu vergleichen! Durch die Corona-Krise leidet nicht nur die Industrie und Wirtschaft, sondern allen voran die Bevölkerung in Europa und der ganzen Welt. Kapazitäten von Krankenhäusern sind bereits in vielen Ländern restlos ausgelastet. Es mangelt vielerorts an Schutz, sowohl für die Schwächsten und Ärmsten als auch für jene, die täglich ihr Leben riskieren, um unser System und unsere Gesellschaft am Leben zu erhalten.
Wir als europäische Gemeinschaft und als Europäer*innen stehen vor einer neuen Herausforderung, die wir gemeinsam angehen müssen!
Ein “Weiter so” darf es hier nicht geben! Wir haben den Eindruck, dass die aktuelle Corona-Krise die bestehenden Konflikte sowie strukturellen Schwächen der EU – auf die wir als Föderalist*innen schon seit Langem hinweisen – potenziert und in einem Maße offenbart, das dazu geeignet ist, die fragile Integrität der Europäischen Union ernsthaft zu gefährden. Einmal mehr läuft sie Gefahr, die Krise durch ein “too little, too late” zu verschleppen. Uns fehlt es an dieser Stelle wiederholt an visionären und mutigen Konzepten!
Wir haben kein Verständnis für die Ablehnung von Wiederaufbau-Bonds, da diese ein gut geeignetes Mittel sind, die Union und Gemeinschaft zu erhalten und alle Staaten möglichst unbeschadet sowie langfristig aus der Krise zu begleiten! Die Ablehnung dieser Idee, unter anderem durch Deutschland, die Niederlande und Finnland, sehen wir als kapitalen Fehler in der Europapolitik!
Anstatt also die gesamte Krise, die alle Staaten gleichermaßen betrifft, von Anfang an gemeinsam durchzustehen, verkommt echte Europäische Solidarität zu einem Schönwetter-Thema und wird auf das Ende der Krise vertagt.
Um aber einigen Befürchtungen zu begegnen, dass für uns die Zinsen steigen, der Anreiz zum Sparen verloren geht, sie schwierig umzusetzen sind und die Schuldenkrise mit ihnen ganz grundsätzlich nicht gelöst werden kann, wollen wir gerne noch ein paar allgemeine Informationen zu den angedachten Wiederaufbau-Bonds zur Verfügung stellen:
Es werden keine alten oder bestehenden Schulden übernommen!
Die Ausgabe gemeinschaftlicher, also gesamteuropäischer Bonds, ist ein Projekt, das ein Zeichen der Solidarität ausstrahlt!
Jeder einzelne Staat “behält” bestehende oder “alte” Schulden! Die Gelder in den Wiederaufbau-Bonds werden exklusiv für notwendige Ausgaben vergeben! Hierzu zählt etwa der Ausbau der medizinischen Versorgung und Infrastruktur!
Die laufenden Kosten für diese Bonds könnten durch direkte Abgaben der Staaten oder etwa einer direkten, ersten europäischen Steuer gedeckt werden. Der Gestaltungsrahmen der Bonds bietet zudem die Möglichkeit, die Lasten der Union insgesamt und gerecht zu verteilen (zum Beispiel gemessen am jeweiligen, aktuellen Bruttonationaleinkommen). Die Vergemeinschaftung von Schulden reduziert den langfristigen Kostenanteil aller dadurch, dass finanzstarke Länder, durch ihre hohe Bonität, die höhere Zinsbelastung finanziell schwächerer Staaten ausgleichen.
Nichtsdestotrotz begrüßen wir natürlich einzelne bereits getroffene Maßnahmen innerhalb der Union!
Sei es nun die Verteilung von Schutzausrüstung und medizinischen Geräten oder die Aufnahme von Intensivpatienten anderer Länder. Die einzelnen Mitgliedsstaaten der Europäischen Union unterstützen sich gegenseitig, bis auf wenige Ausnahmen, in ihren Bemühungen, die Lage einzudämmen. Die innereuropäische Solidarität darf keine Grenzen haben, sonst droht das Projekt Europa insgesamt zu scheitern.