Bild: © SPD Niedersachsen
Dieser Artikel ist ein Gastbeitrag des Stellvertretenden Landesvorsitzenden der Europa-Union Niedersachsen Tobias von Gostomski.
Am 7. November war es endlich so weit und der Koalitionsvertrag der neuen rot-grünen Landesregierung konnte unterzeichnet werden. In einem rekordverdächtigen Eiltempo haben SPD und Bündnis‘90/ Die GRÜNEN in nur 23 Tagen diesen Vertrag vorgelegt, der die Grundlage der künftigen Regierungsarbeit in Niedersachsen bildet. Inmitten verschiedener Krisen, die zurzeit um sich greifen, legten die Parteien großen Wert darauf, die Verhandlungen zügig zu führen und zeitnah voll handlungsfähig zu sein. Dies führte dazu, dass sich die inhaltlichen Arbeitsgruppen zur Vorbereitung der Koalitionsverhandlungen spiegelbildlich an der Ministeriumstruktur orientierten. Und da wir uns in Niedersachsen glücklich schätzen dürfen, ein eigenständiges Europaministerium zu haben, gab es eben auch eine Europa-Arbeitsgruppe, die sich konkret mit der Frage beschäftigt hat, wie die niedersächsische Europapolitik in der kommenden Legislaturperiode aussehen soll. Vor diesem Hintergrund gilt es, einen Blick auf die europapolitisch relevanten Inhalte zu werfen, um zu sehen, was in den nächsten fünf Jahren in diesem Bereich zu erwarten ist.
Die erste positive Botschaft ist, dass beide Koalitionäre sich zu einem eigenständigen Europaministerium bekennen und es weiter fortbestehen kann, nachdem es in dieser Form erst seit der zurückliegenden Legislaturperiode existiert. Mit diesem Ministerium ist es gelungen, dass die niedersächsische Europapolitik nicht nur die Frage beantwortet, wie europäische Fördermittel im Land verteilt werden, sondern in erster Linie die Grundlage dafür geschaffen wurde, niedersächsische Interessen auf Europaebene zu vertreten und sich aktiv in Entscheidungsprozesse einzubringen. Der Rückblick auf die Koalitionsverhandlungen zeigt zudem deutlich, dass die Existenz eines solchen Ministeriums Voraussetzung dafür war, europapolitischen Inhalten entsprechendes Gehör zu verschaffen. Und auch aus Perspektive der Europa-Union ist das eine begrüßenswerte Nachricht, da ein eigenständiges Europaministerium dazu beiträgt, dass die europapolitische Zivilgesellschaft in Niedersachsen gesehen und in Entscheidungen des Ministeriums mit einbezogen werden kann.
Daneben gibt es aber auch weitere Vorhaben, die zuversichtlich in die Zukunft blicken lassen. Nachdem unsere Freundinnen und Freunde der Europa-Union in Nordrhein-Westfalen sowie Berlin erfolgreich damit waren, einen Europabezug in ihre jeweilige Landesverfassung aufnehmen zu lassen, ist die Freude groß, dass diese EUD-eigene Initiative nunmehr explizite Erwähnung im Koalitionsvertrag findet. Wir werden uns gerne dazu einbringen, dass Niedersachsen nicht mehr nur ein „Teil der europäischen Völkergemeinschaft ist“, sondern auch aktiv „zur Verwirklichung und Entwicklung eines geeinten Europas [beiträgt], das demokratischen, rechtsstaatlichen, sozialen und föderativen Grundsätzen […] verpflichtet ist.“
Darüber hinaus legt der Koalitionsvertrag auch einen Schwerpunkt darauf, Europa den Menschen noch näher zu bringen und ihre Europabegeisterung zu wecken. Dafür soll zum einen das Europäische Informationszentrum, das einen großen Anteil an der europäischen Öffentlichkeitsarbeit hat, gestärkt werden und zum anderen wird es ein jährliches Europafest der Landesregierung geben, das das bunte und vielfältige Engagement für Europa in Niedersachsen zum Vorschein bringen soll. An dieser Stelle darf im Übrigen der Hinweis nicht fehlen, dass auch die JEF Niedersachsen mit ihrer Idee eines parlamentarischen Jugendaustauschen zwischen Hannover und Edinburgh – als Antwort auf Großbritanniens Austritt aus dem Erasmus+-Programm – im Koalitionsvertrag Erwähnung findet.
Abschließend positioniert sich die neue rot-grüne Landesregierung auch inhaltlich, indem sie vereinbart hat, dass sie „die Umsetzung der Maßnahmen und Vorschläge [aus der Konferenz zur Zukunft Europas] landesseitig unterstützen“ will. Da aber aufgrund des zügigen Verhandlungstempos der Koalitionsvertrag oftmals noch etwas vage geblieben ist, gilt es umso mehr für die Europa-Union Niedersachsen den Kontakt zur neuen Europaministerin Frau Osigus zu suchen und ihr konkrete Unterstützung für diese und weitere europapolitische Vorhaben anzubieten. Der Koalitionsvertrag zeigt dabei schon einmal in die richtige Richtung.